Achtsamkeit: das Glück im Schmerz


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Achtsamkeit ist zur Zeit eines der Hype-Themen der Psychologie. Oft genug allerdings wird damit etwas esoterisch Angehauchtes oder gar „positiv denken“ verbunden. Vor allem seit Bekanntwerden der „Dankbarkeitstagebücher“ habe ich in meinen Kursen oft erlebt, dass viele Menschen Achtsamkeit mit „positiv denken“ verbinden. Deshalb möchte ich mit diesem Vorurteil aufräumen und mich heute dem Glück im Schmerz widmen.

Die Achtsamkeit hat als alte buddhistische Praxis aber auch in der Psychotherapie durchaus ihre Berechtigung, da sie ein wunderbarer Weg ist, sich selbst besser kennen und spüren zu lernen. Und beides sind Dinge, die in der Therapie von enormer Bedeutung sind.

Leben heißt Leiden?

Sich selber kennenlernen klingt immer gut und das Ganze hat auch noch viele angenehme Nebenwirkungen, beispielsweise die eigene Lebensqualität zu verbessern. Das ist aber nur die Hälfte der Geschichte. Denn der Buddhismus weiß schon lange: das Leben besteht zur Hälfte aus Schmerz. Den Schmerz kann ich nicht vemeiden. Wenn ich ihn vermeide, statt ihn anzuerkennen, wird er zu Leid.

Die meisten Menschen in westlichen Gesellschaften versuchen, das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Und daran ist auch erstmal nichts verkehrt. Aber das Leben besteht eben nicht NUR aus angenehmen Dingen. Wir vermeiden die unangenehmen Dinge, vermeiden den Schmerz. So haben wir auch wenig Übung im Umgang mit Schmerz. Und wenn wir verlernen, mit Unlust oder unangenehmen Gefühlen und Empfindungen umzugehen, wird das zum Problem. Und wir verpassen die Hälfte des Lebens.

Das Problem mit dem angenehmen Leben

Besonders deutlich wird das finde ich, wenn es um das Erleben von Glück geht. Wenn ich immer nur angenehme Erlebnisse habe, im Überfluss lebe und jedes Bedürfnis sofort erfüllt bekomme, verlieren die kleinen Dinge ihren Wert. Wer aber monatelang auf etwas gespart oder hingefiebert hat, weiß, wie viel Glück in den kleinen Dingen liegen kann. Dieses Glückserleben ist ja sozusagen ein positiver Ausschlag nach oben. Wenn ich nie Unangenehmes erlebe, dann wird Angenehmes im Vergleich auch immer weniger Bedeutung haben. Denn so weit kann ich ja gar keinen Ausschlag mehr nach oben haben, ich bin ja schon konstant dort.

Glück im Schmerz

Natürlich muss niemand Hungern, nur um sich über ein Stück Brot zu freuen. Absichtlich zu leiden oder Schmerzen herbeizuführen ist hier nicht der richtige Umgang damit. Aber es empfiehlt sich, nicht gleich alles Unangenehme sofort zu vermeiden. Es gibt zahlreiche Alltagsbeispiele dafür, dass sich ein wenig Schmerz sofort bezahlt machen kann. Ein wunderbares Beispiel ist Bewegung. Klar, der Kampf mit dem Schweinehund ist hart. Aber sobald man die ersten Sonnernstrahlen im Gesicht spürt, hat sich die Überwindung schon gelohnt. Und vielleicht kann ich mich beim nächsten Mal Müll rausbringen über die Sonnenstrahlen im Gesicht freuen.


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