Lerne deine eigene Geschichte kennen


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Häufig erlebe ich es, dass Menschen in meine Praxis kommen und sich Tipps wünschen. So als hätte ich mit meiner Ausbildung alle Werkzeuge in der Hand um ihnen zu sagen, wie ihr perfektes Leben aussieht. Manchmal braucht es genau das: Tipps, Tricks und Methoden um z.B. mit Gefühlen besser umgehen zu können. Dann schicke ich die Person weiter, zu einer Kollegin oder einem Kollegen, der:die verhaltentherapeutisch arbeitet (denn die sind Profis darin). Oft genug aber sind die Menschen bei mir genau richtig. Denn was sie brauchen ist nicht jemand, der ihnen sagt, wie sie ihr Leben zu leben haben. Was sie brauchen ist jemand, der ihnen dabei hilft, den eigenen Weg zu finden. Weil das nicht ohne Verständnis geht, sage ich am Anfang eigentlich immer: Lerne deine eigene Geschichte kennen.

Was Geschichte mit dem Alltag zu tun hat

Nun könnte man meinen, Geschichte ist, was vergangen ist, warum also damit plagen. So einfach ist es leider nicht. Wir lernen in unserer Kindheit von unseren Bezugspersonen, wie die Welt funktioniert. Wie Beziehungen funktionieren, wie ich mit mir selbst und anderen umgehen muss. Dabei spielt es nicht nur eine Rolle, wie meine Bezugspersonen mit sich selbst und mir umgehen. Je nach dem in welcher Zeit diese Personen leben, verändern sich auch die Lebensumstände. Zur Zeit erleben wir das wieder mit Corona und dem Ukraine-Krieg. Eltern sind gestresster, Kinder haben weniger soziale Kontakte, die Inflation macht vielen Familien Sorge. Das alles hat natürlich einen Einfluss darauf, wie wir unser Leben gestalten (ob wir in den Urlaub fahren oder wie viel Kraft Eltern für Ihre Kinder haben). Es hilft also, einmal inne zu halten und sich zu fragen: wie sieht eigentlich mein Alltag aus? Wie sah mein Alltag früher aus? Was habe ich von meinen Eltern gelernt, wie mein Alltag aussehen sollte?

Was es hilft, die eigene Geschichte zu kennen

Wir alle kennen ein „Normal“. Interessanterweise ist dein „Normal“ aber nicht mein „Normal“. Und wenn ich nicht weiß, was ich als „Normal“ kennengelernt habe, erkenne ich auch nicht, wenn mich das einschränkt. Es gibt da eine wunderschöne Geschichte von Jorge Bucay, die das sehr anschaulich illustriert:

Er sieht im Zirkus einen jungen Elefanten an einen Pflock gebunden. Der Elefant versucht verzweifelt, sich loszureißen, aber der Pflock hält allen Versuchen Stand. Entkräftet gibt der junge Elefant auf. Einige Jahre später kommt der Autor wieder am gleichen Zirkus vorbei. Er sieht den gleichen Elefanten – inzwischen ausgewachsen- am gleichen Pflock angebunden. Heute wäre der Elefant in der Lage den Pflock mit einer Kopfbewegung auszureißen. Aber er hatte als junger Elefant gelernt, dass er keine Chance gegen den Pflock hatte. Und deshalb versucht er es heute gar nicht mehr.

Wie der Elefant haben wir alle bestimmte Muster, bei denen wir uns hilflos und ausgeliefert erleben, weil wir es in der Kindheit einmal waren. Wenn wir uns diese Pflöcke einmal genau anschauen, haben wir die Chance zu entdecken, dass wir nur den Kopf drehen müssten.

Mit Achtsamkeit die eigene Geschichte entdecken

In einer psychodynamischen Therapie tut man genau das: Pflöcke erkennen und hinterfragen. Jetzt braucht nicht jede:r gleich eine Therapie, aber ein bisschen mehr Freiheit von den eigenen eingefahrenen Mustern wäre wohl trotzdem hin und wieder schön. Eine Brücke baut hier die Achtsamkeit. Denn sie betrachtet die Welt als ob sie sie zum ersten Mal sehen würde. Sie urteilt nicht, nimmt nur wahr und versucht zu verstehen. Und genau diesen Blick brauchen wir, um unsere Pflöcke zu erkennen. Deshalb ist die Achtsamkeit nicht nur eine Methode zur Stressbewältigung. Sie ist auch eine Chance, sich selbst besser kennenzulernen. Das wusste schon der Zen-Buddhismus und lehrt es bis heute.


Im Alltag finden sich immer wieder kleine Momente der Achtsamkeit. Diese Inseln der innere Ruhe können helfen eigene Bedürfnisse zu erkennen und so ausgeglichen und gesund zu bleiben. Achtsamkeit ist eine Technik, die jede:r lernen kann und für die man absolut nichts braucht außer die eigene Wahrnehmung. Das kann jede:r schnell und einfach lernen und für sich passend umsetzen. Deshalb biete ich Achtsamkeitskurse an.

Alle Infos zu Kursen vor Ort oder den neuen Onlinekursen findest du hier.


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