Beruflich wie Privat: Herausforderungen meistern


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Häufig kommen Klientinnen oder Klienten in die Beratung, die vor einer Herausforderung im Leben stehen, der sie sich nicht gewachsen fühlen. Nicht jede herausfordernde Situation erfordert gleich professionelle Unterstützung, das hängt natürlich auch viel von den eigenen Ressourcen und der bisherigen Lebensgeschichte ab. Ein Kind, das zum Beispiel in der Grundschule schlechte Erfahrungen mit Mobbing gemacht hat, wird den Übertritt auf eine weiterführende Schule wohl als Herausforderung erleben, sich davor sogar fürchten. Ein Kind, das schnell Anschluss gefunden und viele wertvolle Freundschaften geknüpft hat, freut sich vielleicht eher auf den nächsten Schritt gemeinsam mit den Freunden.

Meist besteht der erste Schritt innerhalb der Beratung darin, zu verstehen, weshalb eine bestimmte Situation gerade als Herausforderung erlebt wird und diese dann entsprechend lebensgeschichtlich zu verstehen. Darauf aufbauend kann dann ein Weg gefunden werden, die eigenen Ressourcen zu verstärken um die Situation meistern zu können.

Nun haben wir gerade gelesen: Herausforderungen sind immer etwas lebensgeschichtlich individuelles. Trotzdem möchte ich heuter für diesen Schritt einige Vorschläge machen, die den Umgang mit Herausforderungen im Allgemeinen erleichtern können.

Lehren der Steinzeit

Hin und wieder kann es sich lohnen, einen Blick zurück zu werfen. Evolutionär gesehen zumindest. Denn da zeigt sich: der Mensch ist optimal daran angepasst, innerhalb einer kleinen Gruppe von Menschen zu leben, zu denen er eine tiefe Verbindung spürt. (Wer etwas mehr darüber erfahren möchte, findet hier den Beitrag zum Thema Bindung.) Gerade dann, wenn das Leben Herausforderungen bereit hält, kann es hilfreich sein, sich eben daran zu orientieren.

Der Schatz der Weisheit

Während wir in der Jugend vor allem schnell Denken und Anpassungsfähigkeit beweisen – die Psychologie sagt dazu fluide Intelligenz – haben wir im Erwachsenenalter mehr „kristalline Intelligenz“, grob könnte man das als Wissen und Weisheit durch Lebenserfahrung übersetzen. Und diese Weisheit kann man nutzen, man muss nur den alten Menschen in der eigenen Umgebung zuhören und offen für deren Lehre und Geschichte sein. Damit meine ich nicht, unreflektiert jeden Ratschlag anzunehmen, sondern aufmerksam zuzuhören und von der Weisheit der Anderen anzunehmen, was einen im Moment hilft, zu wachsen.

Reziprozität – oder: A hilft B, B hilft C, C hilft A

Es gibt in der Psychologie den Begriff der Reziprozität. Dieser beschreibt, dass wir innerhalb einer sozialen Gruppe (z.B. einer Familie oder eines Dorfes) einem Mitglied dieser Gruppe helfen, uns altruistisch zeigen. Und zwar in der Erwartung, dass wir das von irgendeinem Mitglied unserer Gruppe irgendwann und in irgendeiner Form zurückbekommen. Je näher uns die Personen stehen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir helfen. Wir helfen eher der Schwester als der Cousine, aber eher der Cousine als der Freundin, eher der Freundin als der Bekannten, usw. Diesen Effekt kann man sich durchaus zunutze machen, denn wir müssen gar nicht alles allein schaffen. Zugegeben, keine kurzfristige Strategie, aber eine wirkungsvolle.

Fehler zugeben

Im Zeitalter des Perfektionismus scheint uns eines besonders schwer zu fallen: Fehler zuzugeben. Dazu gibt es bereits zwei ausführliche Artikel (die gibt es hier und hier), deshalb an dieser Stelle kurz und knackig: Wir Menschen lernen von Fehlern, darin besteht unser Entwicklungspotenzial. Und wenn wir nicht zugeben, dass wir bei etwas falsch lagen oder überfordert sind, wird uns auch keine Hilfe zu teil.

Dankbarkeit und Bescheidenheit

Ebenso wie die Reziprozität ist diese Strategie eher etwas langfristiges als eine kurzfristige Maßnahme. Denn sowohl Dankbarkeit als auch Bescheidenheit sind beides Dinge, die Beziehungen stärken. Und je besser unser Schutznetz, desto mehr Unterstützung erhalten wir in Krisensituationen. Aber dieser Punkt enthält noch einen anderen Aspekt. Denn die Forschung zur Achtsamkeit hat gezeigt: sich auf Dinge zu konzentrieren, für die wir dankbar sind, macht uns auf Dauer zufriedener. Und vielleicht kann es sogar unsere Perspektive auf eine bevorstehende Herausforderung etwas verändern.

Soziale Eingebundenheit

Der Mensch ist ein soziales Wesen, wir haben uns vor allem deswegen evolutionär durchgesetzt, weil wir Experten der Kooperation sind. Viele der genannten Strategien zielen darauf ab, Beziehungen zu verbessern oder Hilfestellung zu bekommen. Das ist ganz bewusst so und zwar unter anderem, weil sich immer wieder zeigt, dass gute soziale Eingebundenheit ein wichtiger Schutzfaktor gegenüber psychischen Erkrankungen ist. Man sollte daher niemals den Wert stabiler Beziehungen unterschätzen oder diese vernachlässigen. Bonus: je größer mein sozial verlässliches Netzwerk ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich jemanden finde, der genau die richtige Unterstützung für diese Herausforderung wäre und auch noch bereit ist, mir zu helfen.


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