Warum Geheimnisse gesund sind


Lesedauer: 3 Minuten

Anfang des Monats wurde in einem Radiobeitrag, zu dem ich Stellung genommen habe, ein sehr spannendes Thema besprochen: Geheimnisse, die man vor den Eltern hatte, inwiefern das Teil der normalen Entwicklung eines Kindes ist und wie Eltern sich im Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsentwicklung und Aufsichtspflicht bewegen können.

Warum haben Kinder Geheimnisse?

Zunächst stellt sich ja die Frage „warum haben wir Geheimnisse?“. Die Gründe dafür, Geheimnisse zu haben, sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Im Verlauf unserer Entwicklung zu einem erwachsenen Menschen gibt es aber eine Phase, in der Geheimnisse besonders wichtig werden: die Autonomie-Phase. Was das ist, möchte ich im Folgenden erklären.


Geheimnisse als Teil der Autonomie-Phase

Als Kinder haben wir grob gesagt zwei ganz wichtige Aufgaben: Beziehung lernen und eigener Mensch werden oder Bindung und Autonomie. Natürlich leben wir unser ganzes Leben lang in Beziehung und somit sind diese Phasen nicht ganz klar voneinander zu trennen. Aber vereinfacht gesagt müssen wir zunächst lernen (in der Regel von den Eltern), wie Beziehungen funktionieren und wie man Bindungen mit anderen Menschen eingehen kann.

Später – früher häufig die Trotzphase genannt – fühlen wir uns durch die entstandene Bindung sicher und möchten die Welt erkunden. In dieser Phase testen wir unsere Selbstwirksamkeit, also inwiefern wir unsere Umwelt beeinflussen oder sogar kontrollieren können. Das hat nichts per se aggressives, wir sind einfach neugierig und entdecken die Welt und uns selbst als Teil davon. In dieser Phase wird es erstmals wichtig, etwas ganz eigenes zu haben, das nur einem selbst gehört. Später, vor allem in der Pubertät, verstärkt sich das nochmal.

Einer der Gründe, Dinge für sich zu behalten (auch ganz harmlose Dinge) könnte also einfach sein, dass man die eigene Welt entdeckt und sie nicht gleich mit jemandem teilen möchte. Ich will also zum ersten Mal was ganz für mich allein haben.


Aufsichtspflicht und Persönlichkeitsentwicklung

Für Eltern stellt sich da natürlich die Frage „Wie kann ich mein Kind unterstützen ohne meine Aufsichtspflicht zu verletzen?“. Die Antwort kann ganz einfach sein: Persönlichkeitsentwicklung ist auch Teil der Aufsichtspflicht, wir reden hier ja immerhin von Menschen. Eine hierfür förderliche Umgebung zu schaffen ist auch Erziehungsaufgabe.

Wie kann ich also mein Kind unterstützen? Die beste Unterstützung für jemanden, der/die sich gerade in der Autonomie-Phase befindet ist Verständnis und Freiraum. Wer sich selbst entdecken möchte, braucht Raum dafür und muss auch mal etwas eigenes haben dürfen. Um als Eltern trotzdem einen Schutzraum für das eigene Kind zu bieten empfiehlt es sich, eine offene Gesprächsatmosphäre zu schaffen, die dem Kind die Chance lässt, etwas für sich zu behalten aber auch, das Geheimnis zu teilen.

Als Elternteil kann das ganz schön fordernd sein, denn ich muss bereit sein, eventuell Informationen zu erhalten, die mir vielleicht nicht so sehr zusagen. Auch das charakterisiert eine offene Gesprächsatmosphäre.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert