zum Glück NICHT perfekt


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Ein Thema begegnet mir in den unterschiedlichsten Gewändern immer wieder in der Beratung und das ist der Perfektionismus. Also der Versuch, alles, was man tut, immer perfekt zu machen und nichts anderes zählen zu lassen. Immer wieder stellt sich heraus, dass dieser Perfektionismus, der eigentlich helfen soll Fehler zu vermeiden, gar nicht so hilfreich ist. Im Gegenteil, häufig führt der Wunsch alles immer perfekt zu machen dazu, dass Dinge gar nicht erst angefangen werden.

Schon in der Formulierung „alles immer“ perfekt zu machen zeigt sich, wie unmöglich dieses Vorhaben ist. Und trotzdem haben viele Menschen diesen Anspruch an sich. Warum ist das so? Und was kann dagegen unternommen werden?

Woher kommt der Perfektionismus

Im Grunde genommen sprechen wir von einem Anspruch an uns selbst, wenn wir von Perfektionismus sprechen. Denn wir stellen eine Anforderung an uns (alles muss perfekt sein) und erwarten, dass wir dieser gerecht werden. Hier zeigt sich schon eine Schwierigkeit, was die Erklärung der Entstehung von Perfektionismus angeht: es ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Wer also ganz konkret für sich herausfinden möchte, woher der eigene Anspruch kommt, sollte sich auf eine Reise in die eigene Vergangenheit begeben. Grob kann man jedoch sagen: Ansprüche, die wir an uns selbst haben, stehen oft in enger Verbindung mit den Ansprüchen, die unsere Eltern (oder eben die für uns damals wichtigen Bezugspersonen) an uns aber auch an sich selbst gestellt haben. Denn als Kinder übernehmen wir zunächst deren Wertesystem. Ein Blick auf den Umgang der eigenen Bezugspersonen mit dem Thema Fehler oder Perfektion kann also schon einmal Aufschluss bringen. Häufig wird auch berichtet, dass der Anspruch, perfekt zu sein, eine Art Schutz davor ist, Fehler zu machen. Entweder, weil ich bisher noch nie einen schwerwiegenden Fehler gemacht habe und deshalb nicht weiß, wie ich damit umgehen soll. An dieser Stelle möchte ich auf die Artikel zum Thema Scheitern verweisen. Oder, weil ich es als sehr schlimm erlebt habe, Fehler zu machen. Auch das kann wiederum verschiedene Gründe haben, deren Ursprung sich häufig in der Kindheit findet. Wie aber oben schon gesagt, es gibt kein Patentrezept für die Seele und die Antwort auf die eigenen Fragen findet nur, wer die Reise zu sich selbst wagt.

zum Umgang mit überhöhten Ansprüchen

Es bleibt die Frage: wie umgehen mit diesen überhöhten Ansprüchen? Ich habe ganz bewusst die Frage woher kommt Perfektionismus diesem Absatz vorangestellt. Denn häufig findet sich schon ein Stück mehr Freiheit darin, zu verstehen warum man sich zu etwas bestimmten gezwungen oder gedrängt sieht. Denn das eröffnet häufig Freiraum für freie Entscheidungen. Das kann bedeuten, dass ich trotzdem noch den gleichen Anspruch an mich habe, aber ihn nicht mehr haben MUSS und so auch mit Imperfektionen oder sogar Fehlern gelassener umgehen kann. Hier bietet sich die Frage an warum sind Fehler oder Imperfektionen so schlimm? Gibt es vielleicht auch eine andere Sichtweise darauf?

Hier lohnt sich ein Blick in die Modewelt: Ja, die Schönsten der Schönen entsprechen häufig dem Ideal. Und das ist bekanntlich die Person, die dem Durchschnittsgesicht am nächsten kommt. Aber wenn man sich Supermodels anschaut zeigt sich noch etwas anderes, verblüffendes: häufig haben sie kleine Imperfektionen und genau die haben sie bekannt gemacht. Denn wir wollen nicht nur dazu gehören, sondern gleichzeitig auch besonders sein. Und in diesem Sinne lässt sich auch etwas gelassener mit den eigenen Imperfektionen umgehen. Denn häufig sind es die, die uns liebenswert, nahbar und besonders machen. Oder aber sie werden von Außenstehenden überhaupt nicht als solche wahrgenommen und nur von uns selbst so bedrohlich oder abwertend interpretiert. Eine Blitzumfrage im eigenen Umfeld kann bei Unsicherheiten wahre Wunder wirken. Auch hier gilt die Devise: freundlich zu sich selbst zu sein.


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